Begrenzte Tiefenschärfe stellt ein grundlegendes Problem in der Mikrofotografie dar, welches die fotografische Wiedergabe visueller mikroskopischer Eindrücke einschränkt.
Bei jedem Mikroskop nimmt die Tiefenschärfe des abbildenden optischen Systems mit zunehmender Objektivvergrößerung überproportional ab. Die folgende Tabelle gibt einen orientierenden Überblick über den ungefähren
axialen Schärfebereich mikroskopischer Objektive (Zone absoluter Schärfe), gerechnet für endgradig hohe Gesamtvergrößerungen, in Abhängigkeit von der Vergrößerung des verwendeten Objektivs (Hart, 2003).
Objektiv-Vergrößerung
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Numerische Apertur
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Tiefenschärfe (micrometer)
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4 x
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0.10
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55.5
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10 x
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0.25
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8.5
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20 x
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0.40
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5.8
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40 x
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0.65
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1.0
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80 x
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0.85
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0.4
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100 x
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0.95
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0.19
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Bei der direkten mikroskopischen Beobachtung können Begrenzungen der Tiefenschärfe durch kontinuierliches Betätigen der Mikrometerschraube kompensiert werden, so dass der Betrachter auch bei
räumlichen Objekten, deren Schichtdicke deutlich über dem Tiefenschärfebereich der verwendeten Optik liegt, einen Eindruck von der Gesamtbeschaffenheit des Objektes gewinnen kann. In der konventionellen
Mikrofotografie kann pro Foto jedoch nur eine definierte Schärfenebene fokussiert werden. Liegt die vertikale Ausdehnung des Objektes höher als der jeweilige Tiefenschärfebereich, ergeben sich daher
unvermeidbare regionäre Bildunschärfen.
Auf konventionellem Wege können diese Einschränkungen der räumlichen Darstellbarkeit überwunden werden, wenn anstelle eines Fotos ein Videofilm gedreht wird. Hier kann der Betrachter das Spiel des
Mikroskopikers mit der Mikrometerschraube visuell nachvollziehen. Filmdokumente haben allerdings den prinzipiellen Nachteil, dass die Bildauflösung deutlich niedriger als die erreichbare Auflösung herkömmlicher
Fotos liegt; dies gilt gleichermaßen für den analogen wie für den digitalen Bereich.
Alternativ besteht die Möglichkeit, von einem dreidimensionalen Objekt ein konventionelles Foto unter Verwendung eines möglichst gering vergrößernden Objektivs zu erstellen, um in einem separaten Schritt eine
Ausschnittsvergrößerung anzufertigen.
Je nach Objektbeschaffenheit können solche Ausschnittsvergrößerungen unter Aspekten der Tiefenschärfe zu besseren Gesamtresultaten führen, als wenn mit stärker vergrößernden Objektiven bei geringerer
Tiefenschärfe konventionell fotografiert wird.
Diese Methode der optischen Tiefenschärfeverbesserung ist mit grundsätzlichen Nachteilen behaftet. Der Zugewinn an Tiefenschärfe vollzieht sich auf Kosten der Bildauflösung, da das Auflösungsvermögen eines
Objektives mit abnehmender Vergrößerung sinkt. Zusätzlich stößt die Methode umso eher an ihre Grenzen, je größer die räumliche (vertikale) Ausdehnung des Objektes ist.
Die vorbeschriebenen methodischen Limitierungen einer dreidimensionalen Fotodokumentation können mit Hilfe spezieller Bildbearbeitungssoftware überwunden werden.
Die jeweiligen Software-Module stellen Techniken zur Verfügung, welche die Möglichkeit bieten, auch hochaufgelöste Mikrofotos als Standbilder mit einer optimierten Tiefenschärfe zu versehen, so dass sich die
Bildinformationen dreidimensionaler Objektstrukturen ohne störende Unschärfen in einem Bild dokumentieren lassen. Im Folgenden sollen daher Software-unabhängige und Software-gestützte Methoden
zur Verbesserung der Tiefenschärfe mikroskopischer Bilder näher beschrieben werden.
Copyright: Jörg Piper, 2007
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